- Internationales Marketing
- von Professor Dr.Dr.h.c.mult. Heribert MeffertI. Begriff und KonzeptDie weltwirtschaftliche Entwicklung ist durch einen Prozess fortschreitender Integration gekennzeichnet, wie stetig steigende internationale Waren-, Finanz- und Investitionsströme belegen. Die zentralen Treiber dieser Integration sind politisch-administrativer (sukzessive Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung) und technischer Natur (verbesserte Transport-, Informations- und Kommunikationstechnologien). Während die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit in der Vergangenheit eine bloße strategische Option darstellte, wird mit der Zunahme internationaler Konkurrenz im Heimatmarkt der eigene Markteintritt in ausländischen Märkten in nahezu allen Branchen zum strategischen Imperativ. Damit kommt dem internationalen Marketing, d.h. der Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen in- und ausländischen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten zum Zwecke der dauerhaften Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse und der Erreichung weiterer Unternehmensziele, besondere Bedeutung zu. Die Besonderheiten und Probleme des internationalen Marketing resultieren dabei weniger aus der Veränderung der Aufgabeninhalte als vielmehr aus ihrer Komplexität. Einerseits wuchs die Intensität wirtschaftlicher Verflechtungen zwischen den Industrienationen, vorwiegend zwischen den Ländern der so genannten Triade (Nordamerika, Europa und Asien) und innerhalb der Europäischen Union, anderseits stieg aber auch die absolute Anzahl der Länder, die am internationalen Handel partizipieren. Die daraus resultierenden sehr unterschiedlichen politisch-rechtlichen, sozio-kulturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Ländermärkten führen zu veränderten Umweltfaktoren, die ein höheres Maß an Ungewissheit, erhöhte und zusätzliche Risiken und einen erweiterten Informationsbedarf zur Folge haben. Das Management der aus der Internationalität resultierenden Komplexität stellt somit eine wesentliche Herausforderung im internationalen Marketing dar, der durch geeignete Analyse-, Planungs- und Kontrollmaßnahmen im länderübergreifenden Gesamtzusammenhang zu begegnen ist.Ausgangspunkt des Planungsprozesses (vgl. Abbildung „Internationales Marketing – Entscheidungsfeld im Regelkreis des internationalen Management“) im internationalen Marketing ist zunächst eine Situationsanalyse des Unternehmens und der relevanten Umweltfaktoren. Die Chancen der Bearbeitung eines Ländermarktes sind unter Berücksichtigung von Gewinnerwartungen mit den Kosten und Risiken abzuwägen, wobei entsprechende Informationen durch die Auslandsmarktforschung zu liefern sind. In einem weiteren Schritt sind die spezifischen Ziele bzw. Zielsysteme zu definieren. Diese dienen der Ableitung internationaler Basisstrategien, die funktionsübergreifend das generelle Vorgehen auf den Weltmärkten festlegen. Hierzu zählen v.a. die Marktwahlstrategie, die Markteintrittsstrategie und die Marktbearbeitungsstrategie. Ferner bedarf es häufig einer besonderen Berücksichtigung des Koordinationszusammenhangs zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften. In diesem Zusammenhang ist zu klären, welche Unternehmensaktivitäten ins Ausland verlagert und auf welche Weise diese koordiniert, überwacht und organisatorisch abgesichert werden können. Hierbei kommt dem Controlling eine besondere Bedeutung zu, da im Rahmen der Koordination von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung nach Ablauf einzelner Planperioden Soll-Ist-Analysen im Sinn eines Zielerreichungsgrades erstellt werden, welche zu einer Verbesserung der aktuellen Strategien im internationalen Marketing genutzt werden sollten.II. Grundorientierungen im internationalen MarketingDie Ausgestaltung des internationalen Marketing hängt im Wesentlichen von der vorherrschenden Grundorientierung des Managements bezüglich der bearbeiteten Ländermärkte ab. Dabei lassen sich drei Ausprägungen unterscheiden, deren Vor- und Nachteile in Literatur und Praxis intensiv diskutiert wurden: Die ethnozentrische, die polyzentrische und die geozentrische Orientierung. Unter Bezugnahme auf die Wahl und Bearbeitung internationaler Märkte, die Wettbewerbsorientierung, die Internationalisierungsform und die organisatorische Steuerung können drei Grundtypen internationaler Strategien – das internationale, multinationale und globale Marketing – mit den drei Grundorientierungen in Verbindung gebracht werden. Vereinfacht lassen sich diese Strategien auch als Entwicklungsprozess der internationalen Geschäftstätigkeit deuten.Im Anfangsstadium der Internationalisierung findet häufig eine Konzentration der Marketingaktivitäten auf den Heimatmarkt statt. Ziel dieses internationalen Marketing ist die Sicherung des inländischen Unternehmensbestandes durch Wahrnehmung lukrativer Auslandsgeschäfte. Typisch für diese Stufe ist neben der mangelnden Fähigkeit des Unternehmens, sich auf länderspezifische Besonderheiten einzustellen, die unreflektierte Übertragung heimischer Managementtechniken auf die ausländische Tochtergesellschaft (ethnozentrische Orientierung).Mit dem Aufkommen multinationaler Unternehmen, die in einer Vielzahl nationaler Märkte tätig sind, rückt das Ziel, den internationalen Unternehmenserfolg zu sichern, in den Mittelpunkt strategischer Überlegungen. Tochtergesellschaften erhalten einen so großen Entscheidungsspielraum, dass sie ihre Strategie primär an den besonderen Erfordernissen des jeweiligen Auslandsmarktes ausrichten können. Sie treten als quasi autonomes nationales Unternehmen auf, da das Management die Auffassung vertritt, dass sich die Bedingungen in den neuen Märkten so stark von denen des Heimatmarktes unterscheiden, dass eine zentralistische Entscheidungsfindung mit erheblichen Effizienzeinbußen verbunden ist (polyzentrische Orientierung).Aus einer Neuorientierung des Wettbewerbs geht das globale Marketing als neuer Ansatz hervor, der die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch Integration aller Unternehmensaktivitäten in ein Gesamtsystem anstrebt. Ziele werden am Weltmarkt grundsätzlich ohne besondere Berücksichtigung nationaler Bedürfnisse formuliert. Dies erfordert eine konsequente Ausnutzung von Kostenvorteilen durch standardisierte Massenproduktion, mit der Folge, dass die Muttergesellschaft und die ausländischen Tochtergesellschaften nicht mehr als weitgehend autonome Unternehmenseinheiten betrachtet werden, sondern als integrative Teile zu weltweiter Arbeitsteilung und Spezialisierung verpflichtet sind (geozentrische Orientierung).Stark vereinfacht lassen sich das multinationale und globale Marketing als Gegenpole im Spannungsverhältnis zwischen globalem Wettbewerbsdruck und nationalen Bedürfnissen in einer Matrix positionieren (vgl. Abbildung „Systematisierung von Internationalisierungsstrategien“). Während globale Strategien durch ein hohes Maß an länderübergreifender Integration zur Wahrnehmung von Globalisierungsvorteilen (z.B. Kostenvorteilen) gekennzeichnet sind, suchen multinationale Strategien den Erfordernissen einer länderspezifischen Anpassung durch Differenzierung Rechnung zu tragen, um dadurch z.B. höhere länderspezifische Marktanteile zu erzielen. Als vierter Grundtyp internationaler Strategie kann schließlich das transnationale Marketing gewählt werden, welches die in Konflikt stehenden Interessen zwischen der Wahrnehmung globaler Kostenvorteile, lokaler Anpassung und weltweitem Lernen auszubalancieren sucht. Praktisch bedeutet dies, dass auf Grundlage weltweit konzipierter Rahmenstrategien eine lokale Anpassung der Konzepte zu erfolgen hat. So kann nicht nur von der extremen Stoßrichtung auf Ausnutzung von Globalisierungsvorteilen ausgegangen werden, vielmehr sind auch länderspezifische Differenzierungsvorteile zu beachten. Zu den strategischen Kompetenzen eines transnationalen Unternehmens zählen die globale Wettbewerbsfähigkeit, multinationale Flexibilität und weltweite Lernfähigkeit. Dies ist durch eine Vernetzung weltweiter Aktivitäten sicherzustellen.Als typische Pfade der Globalisierung gilt einerseits die Entwicklung von multinationalen Landesgesellschaften zu zunehmend globaleren Tätigkeiten, die sich vorwiegend bei europäischen und amerikanischen Firmen beobachten lässt, andererseits die häufig von japanischen Firmen verfolgte Strategie einer direkten, offensiven Globalisierung mit dem Ziel, weltweite Wettbewerbsvorteile zu erlangen.III. Ziele und Strategien1. Ziele internationaler BetätigungDie Ziele, die aus einer bestimmten Unternehmens- und Marktsituation heraus verfolgt werden, sind Ausgangspunkt der strategischen Planung im internationalen Marketing. Sie sind hinsichtlich des Inhaltes (was?), des Ausmaßes (wie viel?), des Zeitbezuges (wann?) und des Segmentbezuges (in welchen Ländermärkten?) zu operationalisieren. Neben den klassischen ökonomischen (z.B. ROI, Gewinn, Umsatz, Marktanteil) und psychographischen Zielen (z.B. Bekanntheitsgrad, Bildung von Einstellungen bzw. Images) werden im Rahmen der internationalen Geschäftstätigkeit auch spezifische Ziele verfolgt. Ganz allgemein lassen sich denkbare Ziele aus den Motiven einer Internationalisierung der Geschäftstätigkeit ableiten. Zu nennen sind dabei zunächst gewinnorientierte Motive. Hierzu zählen z.B. die Realisierung von Kostenvorteilen durch eine Auslagerung der Produktion in kostengünstigere Länder sowie die Erzielung so genannter Economiesof Scale durch eine Vergrößerung des Absatzmarktes. Ferner kann die internationale Geschäftstätigkeit einer Absicherung der Unternehmensexistenz dienen. So können Wettbewerbsnachteile abgebaut werden, wenn der Konkurrenz ins Ausland gefolgt wird, gleichzeitig kann durch die Internationalisierung ein Ausgleich für den durch das Auftreten von inländischer Konkurrenz reduzierten Marktanteil geschaffen werden. Der Gesamt-Unternehmensabsatz kann ferner durch die Belieferung mehrerer Märkte, die nicht den gleichen Konjunkturzyklen unterliegen, stabilisiert werden. Wachstumsorientierte Motive stellen schließlich einen dritten zentralen Treiber der Internationalisierung dar, sofern die Dynamik auf ausländischen Märkten größer ist als die im Inland. Die jeweils verfolgten Motive respektive Ziele bilden im Weiteren die Grundlage der Strategiefindung.2. StrategienZu Beginn der Entscheidung des „Going International“ steht die Auswahl der zu bearbeitenden Auslandsmärkte. Diese werden durch die Formulierung von Marktwahlstrategien festgelegt. Ziel der internationalen Marktwahl ist es, anhand geeigneter Kriterien jene Marktsegmente zu bestimmen, deren Bearbeitung für die Unternehmung vorteilhaft erscheint. Marktsegmentierung und Marktwahl bilden daher einen interdependenten Prozess, der in zwei Phasen zu differenzieren ist: Die Erfassung und Bildung von Marktsegmenten (Länder, Abnehmer) sowie die Bewertung und Auswahl von Marktsegmenten. Im Rahmen dieses Prozesses werden zunächst in einem mehrstufigen Vorgehen durch Grob- und anschließende Feinsegmentierung die Erfolg versprechendsten Länder- und Abnehmergruppen nach länder- und abnehmerspezifischen Merkmalen herausgefiltert. Als Kriterien der Grobsegmentierung kommen v.a. jene in Betracht, die eine Aussage über die generellen Kaufvoraussetzungen (z.B. Pro-Kopf-Einkommen) und die politischen Risiken der betreffenden Länder ermöglichen. Im Rahmen der Feinsegmentierung ist im Anschluss an die Grobauswahl eine Analyse der länder- und segmentspezifischen Erfolgschancen vorzunehmen. Hierbei lassen sich die auch im nationalen Marketing angewandten Marktsegmentierungskriterien heranziehen.Im Rahmen der internationalen Markteintrittsstrategie stehen notwendige Entscheidungen zum Markteintrittszeitpunkt und zur Form des internationalen Markteintritts im Mittelpunkt der Betrachtung. Im Rahmen der zeitlichen Planung des Markteintritts ist zunächst die Entscheidung zwischen einer Pionier- und einer Folgerstrategie vorzunehmen. V.a. Pionierstrategien beinhalten jedoch aufgrund der häufig fehlenden Erfahrungen auf den Auslandsmärkten ganz andere Risikopotenziale als eine reine Inlandstätigkeit. Ferner ist bei der Erschließung mehrerer Ländermärkte die zeitliche Reihenfolge zu bestimmen. Bei einem zeitgleichen Markteintritt in mehrere neue Länder werden im Rahmen einer Sprinklerstrategie vergleichsweise hohe Investitionen notwendig, die durch einen zeitlich versetzten Markteintritt im Rahmen der Wasserfallstrategie verhindert werden können.Die Wahl einer bestimmten Form der internationalen Betätigung hängt von den jeweiligen situativen Rahmenbedingungen wie z.B. dem Absatzpotenzial des Auslandsmarktes oder der Finanzkraft der Unternehmung ab. Als weiterer Einflussfaktor ist die Struktur der jeweiligen Markteintrittsbarrieren im ausländischen Zielmarkt zu nennen. Je nach Ausgestaltung der länderspezifischen tarifären und nicht-tarifären Behinderungen für die Markterschließung sind unterschiedliche Formen des Markteintritts zu präferieren. So erschweren z.B. Zölle für Fertigerzeugnisse einen Markteintritt durch Exporte, während der Markteintritt über eine Lizenzvergabe hiervon nicht betroffen ist. Eine Strukturierung der möglichen Formen des Markteintritts kann in diesem Zusammenhang anhand der Möglichkeiten zur Kontrolle des Auslandseinsatzes, d.h. die Entscheidungsgewalt über operative und strategische Entscheidungen, und der Höhe der Ressourcenbeanspruchung, d.h. die spezifischen Investitionen für das betrachtete Marktsegment, erfolgen (vgl. Abbildung „Markteintrittsformen in Abhängigkeit von Ressourcenbeanspruchung und Kontrollmöglichkeit“).Den Ausgangspunkt der Internationalisierung bildet in der Regel der Export, wobei der indirekte Export dessen einfachste Form verkörpert. Der inländische Produzent überträgt hierbei einem unabhängigen inländischen Absatzorgan sämtliche Funktionen, Kosten und Risiken, die aus dem Auslandsgeschäft resultieren. Liefert der nationale Hersteller direkt an Wiederverkäufer und/oder Endverbraucher im Zielland, so handelt es sich um einen direkten Export. Der Vertrieb kann durch die jeweils relevanten Importeure, durch ausgewählte Exklusivvertreter oder durch Vertragshändler erfolgen. Die Intensivierung des Exports erfordert von den Unternehmen häufig die Einrichtung einer eigenständigen Vertriebsorganisation, die neben dem Vertrieb auch die gegebenenfalls notwendige technische Beratung sowie den Kundendienst übernimmt. Die nächste Stufe der Internationalisierung ist die Lizenzvergabe. Ein inländischer Hersteller stellt einem ausländischen Unternehmen Rechte an Patenten, Warenzeichen, technischem oder Marketing-Know-how zeitlich befristet und gegen eine Lizenzgebühr zur Verfügung. Diese Form ist insofern bedeutsam, als sie die Verlagerung des Ortes der Leistungserstellung vom Inland zum Ausland – jedoch ohne Vermögenstransfer – beinhaltet. Eine besondere Form des Know-how-Transfers ist das Franchising. In der Regel sind Franchise-Verträge so ausgestaltet, dass der nationale Franchise-Geber ausländischen Franchise-Nehmern gegen Bezahlung einer Gebühr eine Lizenz zur selbstständigen Führung eines Betriebs, allerdings unter dem Zeichen des Franchise-Gebers, gewährt. Mit dem Übergang von Lizenzverträgen und Franchising zu den nächst höheren Stufen der Internationalisierung ist eine Direktinvestition in das Ausland verbunden. Verfügt ein Auslandsmarkt über hinreichend großes Marktpotenzial, erscheint jedoch eine 100-prozentige Kapitalbeteiligung aufgrund der ausländischen Gesetzgebung, administrativen Restriktionen, sozialen Strukturen oder innerbetrieblicher Ressourcenknappheit nicht realisierbar, kommt die Errichtung von Joint Ventures in Betracht. Hierbei gründen ein ausländischer Investor und eine private oder staatliche Institution im Zielland ein Partnerschaftsunternehmen. Als erster Schritt auf dem Weg zur vollkommenen Verlagerung sämtlicher betrieblicher Funktionen ins Ausland unter vollständiger Verantwortung und Kontrolle des nationalen Unternehmens ist der Aufbau einer Auslandsproduktion anzusehen. Im Rahmen der Auslandsproduktion werden unter Transfer von Kapital, Personal und Know-how die gesamte Produktion oder einzelne Produktionsstufen in ein anderes Land verlegt. Das intensivste Engagement der Internationalisierung bildet die Gründung einer Tochterunternehmung, bei der häufig sowohl Produktion als auch Marketing eigenständig durchgeführt werden. Die Strategien des Markteintritts lassen sich zu drei grundlegenden Optionen zusammenfassen: Die Vertretung durch Dritte, die Kooperation mit privaten oder staatlichen Partnern im ausländischen Markt und der Markteintritt in Form einer Tochtergesellschaft. Neuere Formen des Markteintritts lösen sich von der bisher dominanten Fragestellung nach der Höhe der Ressourcenbeanspruchung und zielen auf die Reduktion des kapitalbezogenen Engagements bei gleichzeitiger Beschleunigung des Eintritts in neue Märkte. Zu diesen neuen Organisationsformen zählen Kooperationen und Netzwerke. V.a. für kleinere und mittlere Unternehmen, denen die für die Internationalisierung notwendigen Ressourcen fehlen, stellt die kooperative Vorgehensweise eine Möglichkeit zur erleichterten und beschleunigten Erschließung neuer Ländermärkte dar. Kooperationen können zwischen zwei oder mehr Partnern bestehen, die eine gemeinsame strategische Zielsetzung teilen und komplementäre Fähigkeiten aufweisen. Eine weitergehende Form der Zusammenarbeit stellen Netzwerke dar, in denen sich mehrere Unternehmen langfristig binden. Eine zweite neue Markteintrittsform ist die Aufnahme von Aktivitäten im Internet. Zum einen können dabei mithilfe des Internets als Kommunikationsmedium Transaktionen angebahnt werden, die dann physisch, d.h. in traditioneller Form abgewickelt werden, zum anderen wird das Internet zum eigenständigen virtuellen Marktplatz für Produkte, die direkt über das Internet geliefert werden können. Durch die globale Ausrichtung des Internets wird es zu einem Instrument, das auch kleinen und mittleren Unternehmen einen effizienten Zugang zu beinahe allen Ländermärkten gleichzeitig verschafft.Schließlich sind die Entscheidungstatbestände im Rahmen der internationalen Marktbearbeitungsstrategie festzulegen. Im Mittelpunkt steht hierbei die Festlegung des optimalen Standardisierungsgrads, d.h. die Wahl zwischen einer standardisierten, länderübergreifend einheitlichen versus differenzierten, länderspezifisch unterschiedlichen Vorgehensweise auf ausländischen Märkten. Dabei wird ein Spannungsfeld zwischen Kosteneinsparungen durch Standardisierung und erhöhten Zahlungsbereitschaften bei steigender Differenzierung aufgespannt. Innerhalb der Marktbearbeitungsstrategie sind drei zentrale Strategiedimensionen festzulegen. Eingangs ist die wettbewerbsstrategische Ausrichtung des Unternehmens zu definieren. Hierbei kommt der Qualitätsorientierung eine besondere Bedeutung zu. Sie ist durch die Schaffung von Leistungsvorteilen gekennzeichnet, die den differenzierten Ansprüchen der Konsumenten gerecht werden. Als zentrale Voraussetzung dieser strategischen Grundorientierung ist eine hohe Produktqualität und eine entsprechend starke Imageposition zu nennen, welche die Preissensitivität der Nachfrager verringert. Auch die Kostenorientierung kann zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen verfolgt werden. Mit ihr wird versucht, auf der Basis produktivitätssteigernder Verfahrensinnovationen und mengenbezogener Kosteneffekte, so genannter Economies of Scale, die Stückkosten unter das Niveau anderer Anbieter zu senken.Neben der Wettbewerbsstrategie sind die Festlegung der Marktabdeckung sowie die Programmbreite weitere Entscheidungstatbestände innerhalb der Marktbearbeitungsstrategie. Die Frage, ob eine Unternehmung als weltweiter Marktführer auftritt oder ihre Aktivitäten auf eine internationale Nische beschränkt (⇡ Nischenstrategie), hängt entscheidend von den verfügbaren Ressourcen ab. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich häufig auch mittelständische Unternehmen im Zuge einer Spezialisierung auf bestimmte globale Abnehmergruppen eine attraktive Position sichern konnten, wobei die wettbewerbsstrategische Positionierung sowohl kosten- als auch differenzierungsorientiert erfolgt.IV. MaßnahmenplanungNach der strategischen Planung folgt die Entwicklung und Koordination der zur Umsetzung benötigten Maßnahmen innerhalb des Marketing-Mix. Hierbei lassen sich im internationalen wie auch im nationalen Marketing die Produkt-, Kommunikations-, Preis- und Distributionspolitik voneinander unterscheiden.Zentrale Entscheidungstatbestände innerhalb der Produktpolitik des internationalen Marketing sind Produktinnovation, Produktvariation und Produktelimination. Im Unterschied zum nationalen Marketing sind die hiermit verbundenen Fragestellungen jedoch vor dem Hintergrund der Festlegung eines jeweils optimalen Standardisierungsgrads zu beantworten. Aus der Vielzahl differenzierter Umweltsituationen, die sich mit dem Eintritt in unterschiedliche Ländermärkte ergeben, resultieren in der Produktpolitik eines internationalen Unternehmens komplexere Entscheidungssituationen und -prozesse als in der nationalen Produktpolitik. Eine Besonderheit im Rahmen internationaler Produktpolitik stellt neben den zu beobachtenden national unterschiedlichen Bedürfnissen z.B. die Tatsache dar, dass in manchen Ländern positive oder negative Einstellungen hinsichtlich ausländischer Erzeugnisse existieren (Country-of-Origin-Effekt). Die häufig zitierte akquisitorische Wirkung des „Made in Germany“ ist hierfür ein typisches Beispiel. In zunehmendem Maße sind auch Versuche international tätiger Unternehmungen zu beobachten, durch „Made by...“-Formulierungen Qualitätsimages unabhängig vom Herkunftsland zu prägen.Die Standardisierungsproblematik stellt auch im Rahmen der Kommunikationspolitik eine wesentliche Herausforderung im internationalen Marketing dar. Im Hinblick auf das gewünschte Erscheinungsbild des Unternehmens auf den Weltmärkten ist die Frage der Vereinheitlichung des Kommunikationskonzepts auf den Auslandsmärkten von zentraler Bedeutung. Eine international einheitliche, standardisierte Kommunikationspolitik ist besonders dann vorteilhaft, wenn Produkt und Produktnutzen sowie die Hauptzielgruppen in allen Ländern identisch sind und ein weltweit einheitliches Image erreicht werden soll. Darüber hinaus ist es häufig sinnvoll, v.a. die mit der Kommunikationspolitik verfolgten Ziele und Strategien zu standardisieren, jedoch für die Planung konkreter Maßnahmen der Umsetzung, z.B. die Gestaltung von TV-Spots, durchaus Freiraum für eine länderspezifische Anpassung einzuräumen. Weitere kommunikative Herausforderungen stellen sich in internationalen Unternehmen vor allen in der Überwindung möglicher negativer Einstellungen gegenüber einem fremden Land bzw. ausländischen Unternehmen.Entscheidungen in der Preispolitik im internationalen Marketing zeichnen sich durch einen besonders hohen Komplexitätsgrad aus, da zwischen zahlreichen nationalen Absatzmärkten Interdependenzen bestehen, die die Entscheidungsfreiheit in den einzelnen Ländermärkten einschränken. V.a. die durch die neuen Medien stark vereinfachte Informationsbeschaffung ermöglicht den Konsumenten, über Ländergrenzen hinweg eine völlige Preistransparenz zu erzielen. Durch die Einführung des Euros wurde diese Transparenz noch weiter erhöht, was in einem Anstieg von Reimporten, besonders bei hochpreisigen Gütern wie z.B. Pkws, resultierte. Zentrale Einflussgrößen auf die Preispolitik stellen im internationalen Marketing die Heterogenität der Kaufkraft bzw. des Preisniveaus, die Konkurrenz- und Kostensituation, logistische Erwägungen sowie Steuern und Zölle dar. Vielfalt und Komplexität der Einflussgrößen im internationalen Bereich bedingen eine sorgfältige Vorbereitung preispolitischer Entscheidungen. Der Muttergesellschaft kann dabei aufgrund der Interdependenz zwischen den Auslandsmärkten besonders im Hinblick auf eine ländermäßige Preisdifferenzierung eine Koordinationsfunktion zukommen. Häufig werden hierbei einzelnen Ländermärkten zentrale Preisvorgaben in Form von Bandbreiten gemacht, wobei der tatsächliche Preis durch das nationale Management dezentral festgelegt wird. Auf diese Weise kann ein Ausgleich zwischen nationalen und internationalen Interessen des Unternehmens getroffen werden. Eine zu starke Zentralisierung preispolitischer Maßnahmen geht zu Lasten der Nachfrage- und Wettbewerbsorientierung eines Produktes oder einer Leistung in unterschiedlichen Märkten. Andererseits ist durch zentrale Überwachung sicherzustellen, dass zwischen einzelnen Tochtergesellschaften keine unerwünschte Preiskonkurrenz entsteht.Im Hinblick auf die Distributionspolitik sind grenzüberschreitende Distributionskanäle bzw. Handelsketten schon bei einem einfachen Export durch eine außerordentliche Vielfalt gekennzeichnet. Diese Komplexität erhöht sich, sobald Produktionsstätten, Handels- und Verkaufsniederlassungen in verschiedenen Ländern errichtet werden. Zu den distributionspolitischen Maßnahmen kann die Überwachung des Warenflusses von einem produzierenden Land bis hin zu den Endverbrauchern in anderen Ländern zählen, aber auch der Aufbau eigenständiger Absatzkanäle in einem Auslandsmarkt. Für das internationale Marketing stellt sich die Frage, wie im Hinblick auf die absatzpolitischen Zielsetzungen eigene und fremde Absatzwege weltweit so zu kombinieren und koordinieren sind, dass weder Überschneidungen noch Unterdeckungen auftreten (Optimierung der internationalen Distribution). Konkret ist darüber zu entscheiden, welcher Absatzweg (indirekt oder direkt) eingeschlagen wird, welche und wie viele Absatzmittler auf jeder Stufe einzuschalten sind (Selektions- und Akquisitionsproblem), wie diese Absatzmittler organisiert, geführt und kontrolliert werden (Channel Management) und wie der physische Warenfluss zwischen Herstellung und Verbrauch zu bewerkstelligen ist (Lagerung, Transport, Lieferservice).Darüber hinaus bedarf es im Rahmen der Maßnahmenplanung der Berücksichtigung mixübergreifender Entscheidungstatbestände. Hierbei kommt v.a. der internationalen Markenpolitik eine besondere Bedeutung zu. Zentral ist hierbei die Frage, ob eine Markierung über Ländergrenzen hinweg einheitlich erfolgen kann oder eine lokale Anpassung z.B. aufgrund lokaler kultureller Unterschiede notwendig ist. So kann beispielsweise die semantische Bedeutung bestimmter Markierungen in verschiedenen Ländern völlig unterschiedlich interpretiert werden. Hinsichtlich der Bestimmung geeigneter Markenstrategien ist im internationalen Marketing ferner eine höhere Komplexität festzustellen, die auf die Existenz weitaus heterogener Kundensegmente zurückzuführen ist. Eine segmentspezifische Positionierung von Marken wird hierdurch besonders bei einem hohen Standardisierungsgrad erschwert.V. ImplementierungDer Erfolg internationaler Strategiekonzepte ist eng mit der Effizienz ihrer organisatorischen Verankerung, der Neuorientierung der Entscheidungs- und Kontrollprozesse sowie der Anpassung der Rollen und Einstellungen des Management verbunden. Der Grundgedanke „Struktur folgt der Strategie“ lässt sich auf die Systeme und Unternehmenskulturen übertragen. In der Diskussion um strategiegerechte Organisationstypen werden häufig idealtypische Strukturen in polarisierter Form gegenübergestellt. In Gegensatz zur dezentralen, meist nach Ländern oder Regionen strukturierten multinationalen Organisation wird beim globalen Management unter Verweis auf die Integrations- und Koordinationserfordernisse eine weltweite produktorientierte Aufbauorganisation empfohlen. Die Vielzahl der Situationsfaktoren trägt dazu bei, dass sich eine eindeutige Zuordnung von Internationalisierungsstrategie und Organisationsstruktur nicht vornehmen lässt. Empirische Untersuchungen belegen, dass z.B. die vorherrschende Umweltdynamik sowie der jeweilige Diversifikationsgrad, aber auch der Umfang des Auslandsgeschäfts, die Zahl der Auslandsniederlassungen und die Besitzverhältnisse ausländischer Tochterunternehmen Einfluss auf die Unternehmensstruktur ausüben. V.a. in Branchen mit hoher Umweltdynamik setzen sich so genannte hybride Organisationsformen durch, die länder- und produktspezifische Dimensionen integrieren. Die stärker zentralisierte produktorientierte Organisation (Sparten- bzw. Geschäftsfeldorganisation) herrscht v.a. bei solchen weltweit tätigen Unternehmungen vor, die bei hohem Diversifikationsgrad eine geringe ländermäßige Streuung der Produktion aufweisen. Die globale Integration beschreibt in diesem Zusammenhang die Art der gegenseitigen Verknüpfung von Aktivitäten der Zentrale und der Landesgesellschaften. Besonders flexibel ist die Konzeption des transnationalen Unternehmens, bei der versucht wird, die Vorteile einer Zentralisierung in bestimmten Unternehmensbereichen wie z.B. Finanzen mit einer dezentralen Organisation in Unternehmensbereichen wie z.B. F&E und Marketing zu verknüpfen.Literatur: Backhaus, K./ Büschken, J./ Voeth, M., Internationales Marketing, 5. 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Lexikon der Economics. 2013.